Dienstag, 31. Dezember 2013

Atlantik, Atlantik, Atlantik

Wir sind am anderen Ende angekommen! Offiziell am 22.Dezember. An der Tankstelle von Le Marin/Martinique. Um halb sieben in der Früh. Beim Hellwerden die letzten zwei Meilen in die Bucht getümpelt. An der grünen Tonne vorbei, rot, rot, wieder grün. Riff links, Riff rechts. Das Echolot hüpft zwischen fünfzehn und zweieinhalb Metern herum. Definitiv, wir sind in Landnähe. Und haben es also über den Atlantik geschafft. 2000 und irgendwas Meilen von den Kap Verden bis nach Martinique. 


Und vor uns schon hunderte andere Schiffe, die sich um die letzten Marinaplätze reißen.

Strandbar entdeckt - wir sind am Weg!

Und? Wie war es jetzt so? 18 Tage lang übers Meer zu schippern?


Am Anfang noch in Begleitung, und manchmal sehr kitschig schön.

Dann war gar kein Wind. Null. Nix. Sehr mystisch, schön, aber halt auch Stillstand.

Später wars dann meistens windig. Und geregnet hat's auch oft.
Das Motto ab Woche 2 war - Wellen-Wind-Wellen-Wind-Wellen-Wind.

Manchmal hat es sich sehr lange angefühlt, dann wieder wie ein Katzensprung.

So sah der Abschied von den Kap Verden aus.
Und so das erste Segelboot, dass wir nach über einer Woche "ganz allein" entdeckt haben.

Und so schaut es aus, wenn es sich hinter einer Welle versteckt.
So schaut es aus, wenn ich mich hinter dem Steckschot während einer Front verstecke und Roland steuert.
Und so, wenn die Front gerade durch ist. Ganz in der Früh.

So schaut Segelriss-Kleben in Fahrt aus.
Und so schauts aus, wenn alles wieder reapriert ist, und wir dahinrauschen.

Wie unschwer zu erkennen, gibt es eine Instanz, die das Leben am Schiff bestimmt - das Wetter. Es ist so etwas wie der Oberchef - ohne Zustimmung des Wetters läuft nix.


Leichter Wind und wenig Wellen...


bedeutet ruhiges Leben am Schiff. Alle alltäglichen Bewegungen sind ohne große Umstände ausführbar. Der Teller bleibt am Tisch stehen. Du kann dich ohne größere Umstände auf die Klobrille setzen und brauchst nicht darüber nachdenken, wie du dich ins Bett legst.
Wir hatten die ersten Tage nach den Kap Verden genau diese Annehmlichkeiten. Halbwegs genug Wind, dass die Segel stehen und wir in die richtige Richtung fahren, wenig Wellen. Sehr schön. Nicht extrem schnell, aber bequem.
Ab den Kap Verden waren wir nur mehr zu fünft. Erich wollte lieber wieder arbeiten gehen. Wir habens blöd gefunden, ab er bestand darauf ;-) Also haben wir auch die Wachen ein bisschen umgebaut.
Zwei Stunden steuern, sechs Stunden Pause. Zwei Stunden Steuern, sechs Stunden Pause, usw. In den sechs Stunden passiert dann alles andere Überlebenswichtige. Vor allem Essensbeschaffung (Kochen oder Sich-bekochen-Lassen), Schlafen (oder zumindest in der Kabine bei gefühlten 40 Grad rasten), Brot backen, und je nach persönlichem Befinden In-der-Sonne-Liegen, Segelmanöver vollbringen, Abspülen, Nichts-Tun, Logbuch-Schreiben, die Lage checken, den anderen im Weg stehen - alles ist möglich.

Je stärker der Wind...


und vor allem je höher die Wellen, desto schwieriger werden all diese Alltagsdinge. Nach Leichtwindsegeln und einem Flautentag genossen wir für den Rest der Überfahrt meistens zwischen 20 und 30 kn. In den Böen auch über 40kn. Beim Steuern will das Schiff plötzlich lieber dreißig Grad in die eine oder andere Richtung fahren, der Wind zickt viel mehr herum und  lässt doch glatt die Yacht aus dem Ruder laufen (unmanövrierbar machen). Die, die unten schlafen (wollen), fangen an, sich mit den unterschiedlichen Fahrstilen der Crewkollegen auseinanderzusetzen. Von ruppig, über wie-am-Schnürchen gibt’s jeden Tag alles zu spüren. 

Der Rutschradius der Teller vergrößert sich proportional zur Wellenhöhe so enorm, dass halbvolle Schüsseln, gut festgehalten mit einer Hand, die einzige mögliche Geschirrvariante bleiben. Abspülen heißt, sich zwischen Spüle und Bank verkeilen, mit einem Fuß die Salzwasserpumpe betätigen, immer genügend Druck auf den abgestützen Knien behalten, damit man beide Hände zum Arbeiten frei hat. Und siehe da, das Wasser aus dem Hahn will einfach nicht mehr in die Spüle rinnen, es sucht sich diverse andere Wege. Währenddessen ist schon das Schüsserl, das nur halb am Anti-rutsch-Wettex stand, quer durch die Anrichte gedüst. Also Schüsserl irgendwie fangen und in die Spüle verbannen. Dort scheppert es zwar, ist in seiner überschwänglichen Schwerkraft aber sicher gebändigt. Wie eine Klogehprozedur abläuft, kannst du dir selbst ausmalen. Nur soviel – es zielsicher auf die Klobrille zu schaffen ist schon die halbe Miete.

Und sonst, was war noch?


Statt Adventkalender einen "Martinique-Wegpunkt-Kalender". Je länger unterwegs, desto beliebter wird das tägliche "Meilenstreichen"
Und wieder ist etwas passiert - so wie fast jeden Tag. Heute: Bodenbrett zusammengekracht. Betreten verboten.
Oder Wasserleck gefunden. Als ob wir so viel Wasser hätten...

Apropos Wasser...


Da war noch die Rechenaufgabe. Eine Textaufgabe. Ein Segelboot fährt über den Atlantik und hat zwei Wassertanks mit je 250 Liter Brauchwasser mit. Die Reise dauert planmäßig zwischen 14 und 20 Tage. Die Crew war nicht sehr sparsam und hat schon nach sieben Tagen den ersten Tank verbraucht. Wird die Crew noch Wasser zum Zähneputzen, Abspülen und Pritscheln haben, wenn sie wieder Land erreichen, wenn einer von ihnen zwei Tage später vergisst, den Wasserhahn zu schließen? 
Antwort:
Bei uns hat es schätzungsweise ein oder zwei Stunden gedauert, bis der Tank leergetropft war. Und so spülten wir uns und das Geschirr im zweiten Teil der Reise etwas salziger. Aber Geschirrabtrocknen fühlt sich mit Salzwasser eh viel besser an - da schmiert es so schön.

Und das Resumee?

  • Schön wars. Oft. Manchmal auch recht lästig schaukelig. 
  • Etwas ausgedehnt und manchmal ein bisschen kuschelig für fünf Individuen.
  • Oft wars zum Staunen, wenn sich die Wellen wieder irre hinter uns auftürmten und uns dann doch immerwieder gnädig passieren ließen.
  • Und meistens wars absolut faszinierend, sich tagelang in den Naturgewalten zu bewegen. Wind und Wellen sind ziemlich ehrlich. Die blasen dir ins Gesicht und loben dich, wenn du's gut gemacht hast. Baust du Mist, bekommst du es von ihnen direkt und ohne Umwege rückgemeldet. 
  • Wir sind diesmal nicht über den Atlantik gerast, der CaraMia hat die Überfahrt aber scheinbar gut gefallen. Alle ihre Einzelteile wie Mast, Crew und Fender sind gut, wenn auch ein bisschen müde, in Martinique angekommen. Die Boote an unserem Steg mit Mastbruch, Vorstagbruch uä. geben eine Idee, wie es auch hätte Enden können (Fotos dazu gibt's im nächsten Blogeintrag).

Und jetzt?

Haben wir uns und die CaraMia wieder auf Hochglanz poliert und starten los, die Karibik zu erkunden. Was wir bis jetzt gefunden haben, finden wir beeindruckend schön.


Grande Anse D'Arlet auf Martinique. Schildkröten direkt neben dem Boot.

Und unzählige Fische. Ein guter Jahresabschluss.




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